Nüchtern

Nüchtern

Nüchtern, -er, -ste, adj. et adv. 1. Der denselben Tag noch nicht gegessen und getrunken, und in engerer Bedeutung noch nicht gegessen hat. 1) Eigentlich. Noch nüchtern seyn. Nüchtern trinken, ehe man etwas gegessen hat. Etwas in den nüchternen Magen hinein trinken. Nüchterner Speichel, welchen man des Morgens, ehe man noch etwas zu sich genommen hat, auswirft. 2) Figürlich ist nüchtern oft im gemeinen Leben so viel wie abgeschmackt, unschmackhaft. Das Fleisch schmeckt so nüchtern. Ein nüchterner Einfall. Ein nüchternes Gedicht. Das klingt so nüchtern. 2. In engerer Bedeutung ist nüchtern dem betrunken entgegen gesetzt. 1) Eigentlich, sich seiner und andrer Dinge außer sich nach vorher gegangener Trunkenheit wieder völlig bewußt; wo es in Gestalt eines Nebenwortes am üblichsten ist. Wieder nüchtern werden, wofür man auch sagt ausnüchtern. Nie nüchtern werden, beständig betrunken seyn. 2) Figürlich, sich seines gegenwärtigen Zustandes recht bewußt, im Gegensatze des Taumels der Leidenschaften, Gegenwart des Gemühtes besitzend, in Absicht auf die Unterdrückung der Leidenschaften. Werdet doch einmahl recht nüchtern und sündigt nicht, 1 Cor. 15, 34. Lasset uns wachen und nüchtern seyn, 1 Thess. 5, 6. Von einer Leidenschaften, oder nach derselben wieder nüchtern werden, zu sich selbst kommen. So lange seine Sinne noch nüchtern und gleichgültig sind. 3. In weiterer und figürlicher Bedeutung ist nüchtern Mäßigkeit in Essen und Trinken beobachtend, und darin gegründet. Ein nüchternes Leben führen. Am häufigsten als ein Nebenwort. Nüchtern leben.

Anm. Schon bey dem Notker in der ersten Bedeutung nuchtarnin, im Schwabenspiegel ohne n am Ende nuhter, in einem alten Vocabulario aus dem 15ten Jahrhunderte nucther, im Nieders. nogtern, im Schwed. nyckter. Frisch leitet es von dem Latein. nocturnus her; aber warum nicht lieber von dem Deutschen Nacht, oder vielmehr von dem noch jetzt Holländ. und Nieders. Nucht, Ucht, die frühe Morgenzeit? Die Sylbe -er ist eine sehr gewöhnliche Ableitungssylbe, welche in vielen Fällen ein n nachschleichen lässet, wie in albern, eisern, ehern, ströhern u.s.f. Nüchtern hat also eigentlich morgendlich bedeutet, und figürlich, des Morgens noch ungegessen. Bey dem Notker kommt nohturna wirklich noch für nächtlich vor. Die Angelsachsen umschrieben diesen Begriff, und nannten einen noch nüchternen Menschen onnihtnestig, von on, nicht, niht, frühe, und nest, Speise, Nahrung, und Ihre zu Folge, ist das Schwed. nyckter und unser nüchtern eine bloße Zusammenziehung dieses Ausdruckes. Opitzens nüchterlich für nüchtern ist im Hochdeutschen veraltet.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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  • Nüchtern — ist der Familienname folgender Personen: Klaus Nüchtern (* 1961), österreichischer Journalist Michael Nüchtern (1949–2010), deutscher Theologe und Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Baden Rüdiger Nüchtern (* 1945), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • nüchtern — Adj std. (11. Jh.), mhd. nüehter(n), ahd. nuohturn, mndd. nuchtern, nochtern, mndl. nucht(e)ren, nuechteren u.ä. Stammwort. Das Wort ist zunächst ein Wort der Klöster, und deshalb liegt die Annahme nahe, es sei aus l. nocturnus nächtlich entlehnt …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • nüchtern — Adj. (Mittelstufe) keinen Alkohol getrunken habend, nicht betrunken Synonym: stocknüchtern (ugs.) Beispiele: Erst am nächsten Morgen wurde er wieder nüchtern. Ich sehe ihn jetzt zum ersten Mal im nüchternen Zustand. nüchtern Adj. (Mittelstufe)… …   Extremes Deutsch

  • nüchtern — nüchtern: Das Adjektiv mhd. nüchtern, ahd. nuohturn, nuohtarnīn war ursprünglich ein Klosterwort und bedeutete »noch nichts gegessen oder getrunken habend«. Der erste Gottesdienst in den Klöstern wurde in der Frühe vor der Einnahme der… …   Das Herkunftswörterbuch

  • nüchtern — ↑prosaisch …   Das große Fremdwörterbuch

  • nüchtern — prosaisch; dürftig; amusisch; phantasielos; dröge; trocken; ohne etwas gegessen oder getrunken zu haben; mit leerem Magen; ohne schmückendes Beiwerk; sachlich; …   Universal-Lexikon

  • Nüchtern — 1. Gode (auch: jeden) Morge nöchter, e holwet Kalw to Liew. – Frischbier2, 2804. 2. Niemals nüchtern und niemals voll thut in Sterbens Läuften wohl. – Simrock, 7599; Pistor., VIII, 39. 3. Nimmer nüchtern, allzeit foll, bekombt weder Leib noch… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • nüchtern — nụ̈ch·tern Adj; 1 so, dass die betroffene Person kein Frühstück gegessen hat und der Magen leer ist <mit nüchternem Magen, nüchtern zum Arzt gehen>: Ich kann auf nüchternen Magen keinen Alkohol trinken 2 nicht betrunken, nicht von den… …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • nüchtern — 1. nicht betrunken; (ugs. emotional verstärkend): stocknüchtern. 2. ohne Essen, ohne Frühstück; (ugs. scherzh.): ungefrühstückt; (südd. mundartl., schweiz. ugs.): blutt. 3. a) eiskalt, fantasielos, kalt, klar[blickend], leidenschaftslos, ohne… …   Das Wörterbuch der Synonyme

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