Schneiden

Schneiden

Schneiden, verb. irreg. Imperf. ich schnitt; Mittelw. geschnitten; Imper. schneide. Es kommt in doppelter Gestalt vor.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Eigentlich, andere Dinge mit der Schärfe durchdringen, wo es von allen mit einer eigentlichen Schärfe versehenen Werkzeugen und Körpern gebraucht wird, und oft so viel als scharf seyn bedeutet. Schneidende Werkzeuge, welche eine Schneide haben, zum Unterschiede von stechenden. Das Messer, die Schere, die Axt, die Sense, die Säge schneidet nicht, will nicht schneiden, schneidet vortrefflich. 2. Figürlich. 1) Einen empfindlichen Schmerz verursachen, welcher dem Schmerze gleicht, welchen schneidende Werkzeuge verursachen. Ein schneidender Wind, eine schneidende Kälte. Der Wind schneidet, schneidet in das Gesicht. Ein schneidender Schmerz. Es schneidet mir im Leibe. Das Schneiden im Leibe haben. Das schneidende Wasser, Stranguria, in den niedrigen Sprecharten die kalte Pisse. Nach einer noch weitern Figur sagt man auch, das schneidet mir ins Herz, in die Seele, verursacht mir einen plötzlichen durchdringenden Schmerz. 2) Das schneidet in den Beutel, in der niedrigen Sprechart, verursacht beträchtlichen Aufwand, empfindliche Verminderung des Geldvorrathes. 3) Schneidende Farben, schneidende Umrisse, in der Mahlerey, welche mit der nächsten Farbe nicht gehörig verschmolzen, sondern gleichsam abgeschnitten sind; Couleurs tranchantes, Contours coupés.

II. Als ein Activum, mit einem solchen schneidenden Werkzeuge verletzen oder theilen, wo es doch eigentlich nur alsdann gebraucht wird, wenn es vermittelst eines Zuges oder einfachen Druckes geschiehet; zum Unterschiede von dem Hauen, Hacken u.s.f. 1. Eigentlich. vermittelst eines solchen Werkzeuges, oder der schneidenden Schärfe eines Dinges, verletzen oder verwunden. Sich schneiden, einen Theil seines Leibes an einer schneidenden Schärfe, oder einem schneidenden Werkzeuge verwunden. Sich in den Finger, in die Hand, in den Fuß schneiden. Sich mit dem Messer, mit der Schere schneiden. Ingleichen vermittelst eines schneidenden Werkzeuges mit Ziehen oder Drücken theilen. Etwas klein schneiden, in kleine Stücke schneiden. Mit dem Messer, mit der Schere schneiden. Brot, Fleisch schneiden. Wo es oft für abschneiden stehet; ein Stück Brot schneiden. Das Getreide schneiden, es mit der Sichel abschneiden, zum Unterschiede von dem Mähen oder Hauen, welches mit der Sense geschiehet, daher schneiden da, wo man sich der Sichel bedienet, absolute auch für ernten gebraucht wird. Stroh schneiden, es klein schneiden, zerschneiden. Ingleichen, durch Schneiden hervor bringen. Breter schneiden, sägen; wie denn schneiden fast in allen Fällen für sägen gebraucht werden kann, weil dieses auch mit einem drückenden Ziehen verbunden ist. Eine Feder schneiden. Riemen, Pfeifen, Leisten, Formen, Häckerling schneiden, durch Schneiden hervor bringen. Ferner, durch Schneiden bearbeiten. Einen Bruch schneiden, ihn vermittelst des Schnittes heilen. Den Stein, den Wurm schneiden, ihn ausschneiden. Den Wein schneiden, beschneiden. Ein Thier schneiden, ihm die Zeugungstheile durch den Schnitt nehmen, S. Castriren. Die Bienen schneiden, ihnen die Honigscheiben ausschneiden, ohne sie zu tödten; sie zeideln. Von den mit Graben oder Stechen verbundenen künstlichen Bearbeitungen des Holzes, des Stahles und der Steine ist gleichfalls schneiden üblich, ob es gleich eigentlich eine Art des Stechens oder Grabens ist. In Holz, in Stein, in Stahl schneiden. Daher der Stämpelschneider, Formenschneider, Stahlschneider. Auch wird es zuweilen für schleifen gebraucht, von dem Glase oder glasartigen Steinen. Geschnittene Steine, welche durch Schleifen eine gewisse Figur erhalten haben. Geschnittenes Glas. 2. Figürlich. 1) Geld schneiden, einen unerlaubten Gewinn an Gelde machen. Viel bey einer Sache schneiden, sich bey einer Sache einen beträchtlichen unerlaubten Gewinn machen; wofür man auch sagt, seinen Schnitt bey einer Sache machen. Vielleicht ist die Figur von dem Schneiden in der Ernte entlehnet. 2) Mienen schneiden, Gesichter schneiden, ungewöhnliche Mienen oder Geberden machen oder ziehen, wegen der ähnlichen Bewegung.


Nun wohl, fährt Paris fort, und schneidt ein Amtsgesicht,

Wiel.


Auf eben die Art sagt man auch, Capriolen schneiden, aber nicht Sprünge schneiden. 3) Einen Ball schneiden, im Billiardspiele, ihn mit seinem Balle auf der Seite berühren, damit er nach einer schiefen Linie laufe. So auch das Schneiden.

Anm. Schon bey dem Ulphilas snejan und sneijthan, welches letztere bey ihm schlachten bedeutet, bey dem Ottfried sniden, im Nieders. sniden, im Angels. snida, im Schwed. snida. Es ist ohne Zweifel eine Nachahmung des Lautes des mit dem Schneiden verbundenen Ziehens bey manchen Körpern, daher es denn nicht bloß von dem Messer und der Schere, sondern auch von der Säge und gewissen Arten des Schleifens und Grabens gebraucht wird. Bey den Jägern wird dieses Zeitwort mit dem Weidemesser bestraft, indem sie dafür schärfen gebrauchen. Schneiden, schnitzen, schnitzeln, und im Nieders. schnippeln, sind abgeleitete Formen. S. dieselben, ingleichen Schnitt.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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