Schwärmen

Schwärmen

Schwärmen, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches das verworrene Geräusch nachahmet, welches unter andern auch mehrere Dinge in ihrer Bewegung machen. 1. Eigentlich, dieses verworrene Geräusch von sich geben, hervor bringen. Was für ein liebliches Sumsen schwärmt um mich her? Geßn. In engerer Bedeutung gebraucht man dieses Wort von den Bienen, wenn die Jungen mit einem verworrenen Gesumse und in einer unordentlich scheinenden Menge aus einem Stocke ziehen. Die Bienen schwärmen, werden bald schwärmen. In welchem Verstande man es auch von den alten Bienen gebraucht, wenn sie ihre Jungen auf diese Art auslassen, daher man in Niedersachsen für schwärmen auch lassen sagt. Der Stock hat noch nicht geschwärmet. 2. In engerer und figürlicher Bedeutung. 1) Rauschenden Vergnügungen und Ausschweifungen zur Ungebühr nachhängen. Die ganze Nacht schwärmen. Ein Mensch muß in seinem Leben wenigstens Ein Mahl schwärmen, ein falscher, obgleich sehr allgemeiner Grundsatz. Lärmen und schwärmen. 2) Sich ohne Ordnung und Absicht und mit einem Geräusche schnell hin und her bewegen. Fliegende Würmchen verfolgen sich unten im Grase; bald verliert sie mein Auge im grünen Schatten, dann schwärmen sie wieder im Sonnenschein, Geßn. Von einem Orte zum andern schwärmen. Auf der See herum schwärmen, im Niederdeutschen die See schäumen; im Ital. ist sciamare schwärmen. 3) Sinnlichen Vorstellungen zur Ungebühr nachhängen, sinnliche Vorstellungen zum Bestimmungsgrunde seiner Urtheile und Handlungen annehmen, zum Nachtheile deutlicher. Bey den Jägern schwärmt der Leithund, wenn er sich durch fremde sinnlichere Witterung von dem Suchen auf der Fährte abbringen läßt, z.B. wenn er ein Wild erblickt, und dadurch im Suchen irre wird. 4) In noch engerer Bedeutung, dunkele oder verworrene Vorstellungen zum Nachtheile klarer und deutlicher zum Bestimmungsgrunde seiner Urtheile und Handlungen annehmen. In diesem Verstande sagt man sehr häufig, es schwärmt jemand, oder es schwärmt in seinem Kopfe, wenn er verworrene Vorstellungen hat, und solches durch seine Urtheile und Handlungen im hohen Grade äußert. Siehe Schwärmerey. So auch das Schwärmen.

Anm. Im Nieders. swarmen, und mit einem andern Endlaute swarven, im Angels. swearmian, im Engl. to swarm, to swerve, im Schwed. svärma. Im Niederdeutschen hat man noch ein anderes sehr nahe verwandtes Wort, welches swieren, Holländ. zwieren, lautet, und schwärmen im ersten und zweyten figürlichen Verstande bedeutet. Junius leitete unser schwärmen von dem Griech. Harmonia, Wachter von συρμα, die Schleppe eines Kleides, Frisch, der den Bienenschwarm für die erste und älteste Bedeutung hielt, von Sperma her, anderer zu geschweigen. Keinem fiel ein, daß dieses Zeitwort eine sehr deutliche Onomatopöie ist, welche das surmende Geräusch vieler sich bewegender Dinge genau nachahmet, und das Stammwort des Intensivi schwirren ist, so wie es wiederum ein vermittelst des Zischlautes gebildetes Intensivum von wirren in verwirren, Wurm u.s.f. ist. Die eben gedachten von andern angegebenen Stammwörter sind indessen, obgleich auf verschiedene Art, Figuren dieser Onomatopöie.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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  • schwärmen — V. (Aufbaustufe) begeistert von jmdm. oder etw. reden Synonyme: anbeten, angetan sein, sich begeistern, bewundern, hingerissen sein, lieben, rühmen, verehren, vergöttern, anhimmeln (ugs.) Beispiele: Als kleines Kind habe ich für Hunde geschwärmt …   Extremes Deutsch

  • Schwärmen — Schwärmen, 1) ein verworrenes Geräusch hervorbringen; 2) der Fehler des Hundes, wenn er die Fährte suchend zu viel links u. rechts umher läuft, ein solcher Hund heißt Schwärmer; 3) von Tirailleurs od. Flankeurs zum zerstreuten Gefecht auseinander …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Schwärmen — Schwärmen, im deutschen Heere Kommando zum Ausschwärmen (s. d.), d. h. zum Übergang aus der geschlossenen in die geöffnete Ordnung, wobei die Mannschaften ein Glied mit zwei Schritt lichtem Zwischenraum von Mann zu Mann bilden; der Zwischenraum… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • schwärmen — Vsw std. (11. Jh.), mhd. swarmen, swermen, ahd. swermen Stammwort. Zunächst vor allem von den Bienen gesagt (und damit zu Schwarm gehörig). In der Reformationszeit wird so das Auftreten der überhand nehmenden und aufdringlichen Sektierer genannt …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • schwärmen — schwär|men [ ʃvɛrmən], schwärmte, geschwärmt: 1. <itr.; hat a) von jmdm., etwas hingerissen sein: für große Hüte, schnelle Pferde schwärmen; sie hat für diese Schauspielerin geschwärmt. Syn.: ↑ anbeten, angetan sein von, ↑ anhimmeln (ugs.),… …   Universal-Lexikon

  • schwärmen — Für jemanden (etwas) schwärmen: sich für jemanden (etwas) überaus stark begeistern, jemanden glühend verehren und seiner Bewunderung häufig Ausdruck geben, jemanden lieben und anbeten und eine weit über das gewöhnliche Maß gehende und deshalb oft …   Das Wörterbuch der Idiome

  • schwärmen — schwạ̈r·men1; schwärmte, hat / ist geschwärmt; [Vi] 1 <Insekten, Vögel, Fische> schwärmen irgendwo / irgendwohin Insekten, Vögel, Fische o.Ä. treten in großer Zahl auf, bewegen sich irgendwo / irgendwohin 2 <Menschen> schwärmen… …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Schwärmen — 1. Das Schwärmen der Bienen ist für das Ohr des Imkers (Bienenwärters) ein angenehmer Lärm. – Oekon. Weisheit, 115. 2. Das Schwärmen ist natürlich, das Ablegen unnatürlich. – Oekon. Weisheit, 115. Der Sammler von Bienensprichwörtern a.a.O.… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Schwärmen — Schwärmerei kann eine persönliche Neigung ansprechen, in einem engeren Sinne insbesondere Neigungen, denen Wirklichkeitsnähe beziehungsweise Ernsthaftigkeit abgesprochen wird. Das zugrundeliegende Verb schwärmen ist im Deutschen seit dem 11.… …   Deutsch Wikipedia

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