Stoß, der

Stoß, der

Der Stōß, des -es, plur. die Stȫße, Diminutivum, welches doch nur in einigen Bedeutungen üblich ist, das Stößchen, Oberd. Stößlein, von dem Zeitworte stoßen.

1. Eigentlich die Handlung des Stoßens, eine schnelle und heftige Bewegung eines Körpers auf einen andern. Jemanden einen Stoß mit dem Fuße, mit dem Ellbogen geben. Der geringste Stoß wird es fallen machen. Der Stoß des Windes, der Windstoß. Stöße bekommen, im gemeinen Leben auch für Schläge. Ehedem wurde Stöße, auch für Krieg, Streit, gebraucht. Oft ist Stoß so viel als ein Stich mit einem Seitengewehre. Sich auf den Stoß schlagen. Auf den Hieb und auf den Stoß. Jemanden einen Stoß beybringen. Einen Stoß ausparieren. Der Stoß ging durch das Herz. An einigen Orten wird auch der Eisgang, d.i. wenn das Eis auf den Flüssen aufgehet, und mit Heftigkeit an die Gegenstände stößt, der Stoß genannt. Der Stoß geht, der Stoß geht auf, der Eisstoß. Bey den Jägern ist der Stoß, ein kurzer Absatz mit dem Hifthorne. Figürliche Arten des Ausdruckes sind. Seinem Herzen einen Stoß geben, etwas wider seine Neigung thun, sich Zwang, Gewalt anthun. Das wird seiner Gesundheit, seiner Ehre, seinem guten Nahmen, seinem Wohlstande einen Stoß geben, einen merklichen Nachtheil bringen.

2. Figürlich, dasjenige, woran man stößt, oder woran etwas stößt, wo es doch nur in einigen Fällen als ein Kunstwort üblich ist. (1) In mehr eigentlichem Verstande. Der hintere Theil der Nabe, wo sie an die Achse stößet, heißt der Stoß. In einem andern Verstande sind die Stöße eiserne Nägel am Wagen mit breiten langen Haken, welche auf jeder Seite des Rungstockes eingeschlagen werden, da wo der Stoßring des Rades an den Tragering stößt. Bey den Zimmerleuten ist es der Ort, wo eine Schwelle an die andere gesetzt wird. In der Jägerey ist der Stoß oder das Stoßnetz, ein Netz, in dessen Mitte eine lebendige Taube angepflöcket ist, Stoßvögel, wenn sie auf die Taube stoßen, damit zu fangen; bey den Falkenierern wird es die Rinne oder das Rinngarn genannt. In einigen Oberdeutschen Gegenden wird Stoß auch von der Gränze gebraucht. Der Boden eines Mörsers heißt gleichfalls der Stoß, entweder so fern er dem Stoße des Pulvers am meisten ausgesetzt ist, oder auch in der folgenden vierten Bedeutung des Endes eines Raumes. S. auch Anstoß. Nach noch weitern Figuren, ist der Stoß zuweilen, (2) ein hervor ragendes Ding. So wird der Hintere an dem Federviehe und Geflügel im Oberdeutschen der Stoß genannt, wofür im Hochdeutschen der Steiß und im Niederdeutschen Stüt üblich ist. Der Kälberstoß, ist in Ober-Deutschland eine Kalbskeule, der Stoß von einem Schöps, der Schöpsenstoß, eine Schöpskeule. (3) Ein senkrechter Haufe mehrerer Dinge. Ze Stozz und ze Hauff, bey dem Horneck. Ein Stoß Holz, ein Haufe senkrecht auf einander geschlichteten Holzes. So auch ein Stoß Papier, ein Stoß Bücher. Ein Stößlein Thaler, ein Haufe auf einander gesetzter Thaler. Daher denn im Oberdeutschen auch stotzig, stotzachtig für jähe, steil, gebraucht wird. Ohne Zischlaut ist im Schwedischen Dös, gleichfalls ein Haufe, im Wallisischen Das, im Ißländ. Dys, im Französ. Tas, wohin auch das Griech. τάσσειν, setzen, ordnen, gehöret. (4) In ähnlichem Verstande wird es in der Schweiz auch von einer Menge, von einer bestimmten Zahl gebraucht. Ein Stoß Vieh, ist im Canton Glarus, so viel Vieh, als der Werth von 30 Gulden beträgt; daher werden daselbst 2 Rinder (nicht 200, wie es im Frisch heißt,) auf Einen Stoß gerechnet, dagegen 7 Schafe gleichfalls für Einen, eine Kuh auch für Einen Stoß, ein gestanden Pferd aber für vier Stöße gerechnet wird. Ein Alp kann oft 800 Stöße Vieh sommern, den Sommer über ernähren, Tschudi. Vielleicht bedeutet Stoß hier eigentlich den Stoß oder Haufen Gulden von 30 Stück, nach welchem hier der Werth des Viehes bestimmt wird. (5) Das Ende eines Raumes, gleichfalls nur in einigen Fällen. So wird im Bergbaue das Ende eines Stollens oder einer Grube der Stoß genannt, welchen Nahmen daselbst auch der Ort bekommt, wo sich die Strossen enden oder wenden. Eben daselbst hießen auch die beyden kürzern Seiten eines Schachtes, die Stöße. Ein Streifen Zeuges, womit der Saum der Weiberröcke auf der unrechten Seite besetzet und verstärket wird, heißt gleichfalls der Stoß, entweder auch in dieser Bedeutung des Endes, oder auch, weil er hindert, daß sich der Saum nicht so bald abstoße. In den Monseeischen Glossen ist Stozza, der Grund.

Anm. Im Nieders. Stoot, im Engl. ohne Zischlaut zu Anfange Toss. S. Stoßen.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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